Baupreisprognose
Ein sich abkühlender Markt führt zu stagnierenden Preisen
Die Stagnation der deutschen Wirtschaft mit dem Potential eines leichten Rückgangs geben Anlass zu der Annahme, dass sich die Preise in die gleiche Richtung bewegen werden. Steigende Erwartungen von Kunden hinsichtlich sinkender Preise, gekoppelt mit einer abnehmenden Zahl verfügbarer Projekte, können bedeuten, dass sich der Markt langsam in Richtung stagnierender oder sogar rückläufiger Preise bewegt. Aufgrund steigender Lohnkosten, politischer Instabilität und weiteren Herausforderungen in den Lieferketten, erwarten wir eher eine Stagnation als einen Rückgang der Baupreise.
Bei den im Laufe des letzten Jahres erteilten Baugenehmigungen ist zum Beispiel ein starker Rückgang zu verzeichnen. Die Baukosten sind hingegen weitaus weniger gesunken. Dies unterstreicht wiederum das Szenario, dass die Preise nicht in dem Ausmaß fallen, wie die negativen Entwicklungen vermuten lassen.
Abbildung 9:
In Deutschland erteilte Baugenehmigungen pro Jahr
Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis)
Quelle: Destatis
Trotz der sinkenden Anzahl von Projekten und Baugenehmigungen gibt es immer noch Wachstumsbereiche, insbesondere in den Sektoren Industrie und Infrastruktur. Projekte für Datenzentren boomen weiterhin und dieser Trend scheint sich ungebremst fortzusetzen. Das Engagement der EU für eine Alternative zu fossilen Brennstoffen zeigt sich in den sehr großen Infrastrukturprojekten für die Energiewende, die derzeit bereits laufen, ausgeschrieben werden oder in der Pipeline sind.
Der enorme Anstieg der Baukosten, unter dem das Baugewerbe und die Bauherrn in den letzten Jahren zu leiden hatten, scheint ein Ende gefunden zu haben. Ein erhoffter Rückgang der Preise ist bis jetzt jedoch noch nicht ersichtlich. Die Preise stiegen 2023 um durchschnittlich 4 Prozent, obwohl 60 Prozent dieses Anstiegs im 1. Quartal und ungefähr 80 Prozent im ersten Halbjahr auftraten. Im 3. und 4. Quartal stagnierten die Preise fast; der Anstieg betrug in jedem Quartal nur ungefähr 0,4 Prozent.
Quelle: Destatis
Quelle: Destatis
Die Materialpreise scheinen sich aktuell stabil zu halten. Es sind sogar leichte Rückgänge zu erkennen. Diese Rückgänge sind jedoch nicht groß genug, um die steigenden Lohnkosten auszugleichen. Aus diesem Grund steigen die Baukosten weiterhin, wenn auch nur leicht. Wenn man die Marktpreise in Zusammenhang mit einem sich abkühlenden Markt sieht, stehen die Chancen einer Reduzierung der Materialpreise in 2024, insbesondere angesichts der seit Anfang 2021 enorm gestiegenen Preise, sehr gut. Die Unternehmen scheinen diese Ansicht jedoch nicht zu teilen. Basierend auf unserer im 1. Quartal 2024 durchgeführten Marktumfrage erwarten die Unternehmen im Jahr 2024 immer noch einen leichten Preisanstieg der Baukosten. Möglicherweise liegt die Wahrheit zwischen dem von den Kunden erwarteten Rückgang und der Prognose der Bauunternehmen - eine Stagnation der Materialpreis scheint hier ein realistisches Szenario zu sein.
Quelle: Destatis
Obwohl Stagnation und möglicherweise sogar Deflation ein sehr reales gesamtwirtschaftliches Szenario für 2024 sind, müssen Kunden und Unternehmen proaktiv agieren und den Kostendruck projektbezogen angehen, in Abhängigkeit von Faktoren wie Region, Sektor, Projektgröße, Beschaffungsroute und Markt.
Was bedeutet dies für unsere Prognosen?
Wir haben die Prognose aus unserem letzten Market Intelligence Report leicht angepasst. Für 2024 sehen wir aktuell fast stagnierende Preise, wir rechnen mit einem leichten Baupreisanstieg um durchschnittlich ein Prozent , während wir für 2025 und 2026 wieder eine Erhöhung des Baupreisanstiegs auf ca. zwei bis drei Prozent erwarten.
Abbildung 14:
Ausschreibungspreise in Deutschland: prognostizierte jährliche Veränderungen in Prozent
Quelle: Turner & Townsend data forecast
Unsere Prognosen sind repräsentativ für ganz Deutschland. können jedoch variieren je nach Lokalität, Pojektgröße, Wert und Beschaffungsstrategie. Projekte sind auf individueller Basis zu bewerten und passen möglicherweise nicht immer zu unseren Hauptszenarien. Für weitere Unterstützung zur Kostenplanung, Kostensicherung und Inflationsanalyse in Ihrer Region, wenden Sie sich bitte an den jeweiligen regionalen Ansprechpartner von Turner & Townsend.
Obwohl unsere Prognose vorerst keine Deflation im Baugewerbe sieht, so ist ein tatsächlicher Preisrückgang durchaus ebenfalls ein realistisches Szenario, beeinflusst vor allem von der Projektpipeline und der Investitionsbereitschaft im Jahr 2024. Die Wirtschaftsleistung Deutschlands und die Widerstandsfähigkeit der Bauindustrie gegenüber einem Konjunkturtief werden eine entscheidende Rolle bei der weiteren Preisentwicklung spielen.
© 2024 Turner & Townsend